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Landeskulturpolitik und Soziokulturelle Förderung - Ein kurzer Überblick

Soziokulturelle Zentren sind Häuser und Begegnungsstätten, die - generationenübergreifende und interkulturelle -Kulturprogramme und Angebote im Bereich Musik, Theater, Kunst, Kunsthandwerk, Film etc. anbieten. Sie dienen der Förderung kreativer Eigentätigkeit und kultureller Kompetenz, indem sie zwischen professioneller Kunstproduktion und dem künstlerischen Schaffen von Laien vermitteln. (Schlussbericht der Enquete Kommission "Kultur in Deutschland" S. 133)


In der Stadt Marburg verfügen wir seit Langem über eine Förderung der Sozikulturellen Szene; angefangen hat das natürlich bei uns im KFZ als erster Initiative mit diesem Kulturprofil in Marburg, wurde aber schließlich mit der Förderung des "Trauma" weiterentwickelt und schließt mittlerweile seit Jahren auch die Waggonhalle mit ein.
Vor allem durch Aktivitäten seitens des KFZ auf Landesebene Anfang der 90er Jahre wurde in Hessen, wenn auch bundesweit etwas verspätet unter Rot-Grün mit Hans Eichel als Ministerpräsident 1992 eine erste Förderung i. H. v. 500.000 DM gestartet. Diese wurde in 1993 auf 750.000,-und in 1994 auf 1 Mio. DM angehoben und erreichte mit dieser Zahl auch die höchste Landesförderung im Bereich Soziokultur, den es bislang in diesem Bundesland gab. Durch Haushaltskonsolidierungen wurden die Mittel auf 700.000 DM gekürzt, um schließlich unter Ministerin Ruth Wagner, auf 800.000 DM angehoben zu werden.
Die Operation "sichere Zukunft" kürzte das schmale Budget dann wieder auf 350.000 € bei wachsender Zahl der Antragsteller. Denn die Szene in Hessen entwickelt sich, wenn auch langsamer als andernorts, sehr vielfältig.
Vergeben werden die Mittel übrigens seit 1993 mit Hilfe eines Beirats, den das Ministerium einberuft und in dem vom Landesverband der Soziokultur in Hessen vorgeschlagene Mitglieder zusammen mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände die Mittelvergabe beraten. Ein absolut gut geeignetes Verfahren, möglichst viel Sachverstand für die Mittelvergabe zusammen zu bringen, absolut bewährt!


Steigerung des Kulturetats in Hessen um 51,2 %

Warum aber gibt es keine Bewegung im Bereich Soziokultur auf Landesebene, hat doch das Land Hessen von 1995-2005 insgesamt einen ganz erfreulichen Sprung in der Erhöhung der Mittel für Kultur hingelegt. Der Anstieg der Mittel für Kultur in Hessen betrug in der betrachteten Periode 1995 - 2005 laut Kulturfinanzbericht 2008 immerhin 51,2 % und katapultiert Hessen damit genau auf das Durchschnittsmaß in der Pro Kopf Ausgabe für Kultur im Ländervergleich. Vorher gehörte Hessen somit gerne zu den Schlusslichtern im Ländervergleich der Kulturausgaben. Nimmt man jedoch nicht die Pro Kopf Ausgabe, sondern das Bruttoinlandsprodukt als Vergleichskennziffer, so geben die Hessen dann doch wieder nicht so viel für Kultur aus, denn es ist ein reiches Bundesland und liegt dabei mit 0,25 vom BIP weit unter dem Durchschnitt der Länder.
Aber wie auch immer, Geld, so kann man sagen, war also auch im Kulturbereich der letzten Legislaturperioden immer da, denn es wurden die Mittel ganz beachtlich erhöht. Allerdings wurden diese Erhöhungen leider im großen Maßstab wieder an die gegeben, denen schon immer gegeben wurde, also, die großen Tanker wurden beladen, die Beiboote hatten das Nachsehen. Dabei kann vom Publikumszuspruch gar nicht mehr von Beiboot im Bereich Soziokultur gesprochen werden, sondern da drehen sich die Verhältnisse um und in den Beibooten ist demnach gar kein Platz mehr. Oder in Zahlen gesprochen: Die Soziokulturellen Zentren in Hessen zählen ca. 1 Mio Besucher, die Staatstheater zusammen ca. 800.000 jährlich. Aber trotz hohem Besucherzuspruch, trotz Anerkennung quer durch die politischen Lager, kämpfen soziokulturelle Akteure häufig mit dem Allernotwendigsten.


Neue Landesregierung aus CDU und FDP

Nimmt man den Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP für die jetzige Legislaturperiode, so findet sich das Wort Soziokultur darin nicht wieder. Das muss nichts besonders Schlimmes heißen, bedeutet aber auch keine formulierte Zielstellung in diesem Bereich. Laut Koalitionsvereinbarung möchte man im Rahmen der Kulturwirtschaftsberichte die freie Szene evaluieren. Im Vortrag für den 3 Hessischen Kulturwirtschaftsbericht "Kulturwirtschaft und Stadtentwicklung in Hessen" , vorgetragen von der HessenAgentur kann man jetzt schon unter freie Kulturszene Hessen 2006 im Netz nachlesen:

  • rund 30 soziokulturelle Zentren
  • rund 3.200 Veranstaltungen jährlich mit Schwerpunkt Musik, Theater, Varieté, Comedy
  • 660 Mitarbeiter, davon 2/3 ehrenamtlich
  • 5,5 Mill. Umsatz 2006, davon 3,7 Mio. Eigeneinnahmen (ohne Gastronomie)
  • 1 Million Besucher pro Jahr

Die von allen Bundestagsparteien getragene Enquetekommission hat in ihrem Schlussbericht auch noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass die Soziokultur einer anderen Förderung wie einer anderen Aufmerksamkeit bedarf. In ihrer ersten Handlungsempfehlung zur Soziokultur schreibt sie:

"1. Die Enquete-Kommission empfiehlt den Ländern und Kommunen, soziokulturelle Zentren als eigenständigen Förderbereich in der Kulturpolitik zu identifizieren, zu institutionalisieren und weiterzuentwickeln. Sie empfiehlt darüber hinaus, die besonderen Erfahrungen soziokultureller Zentren zum Beispiel im Hinblick auf Interkulturalität, Teilhabechancen und Einfluss auf die Lebensqualität auszuwerten und daraus gegebenenfalls Handlungsempfehlungen für andere kulturelle Bereiche zu entwickeln. (Schlussbericht der Enquete Kommission "Kultur in Deutschland" s.137)

Gerade in letzter Zeit machten Insolvenzen großer soziokultureller Häuser aufmerksam, die lange Jahre diese Szene mit geprägt haben. Zeche Carl, Waschhaus Potsdam etc.. Auch wenn an solchen Punkten wie Insolvenzen viele Dinge zusammen fallen. Man hofft in Hessen, die Evaluation und die politische Beratung derselben möge nicht zu lange dauern, bis es womöglich auch hier im Einzelfall zu spät sein könnte. Immerhin sehen sich gut zwei drittel der von der Bundesvereinigung soziokultureller Zentren befragten Einrichtungen vor existenzielle Probleme gestellt. Strukturelle Problemlagen dieser Häuser werden wie oben gezeigt von landespolitischer Seite bislang nicht gelöst. Trotz steigender Bedarfe werden weniger Mittel zur Verfügung gestellt. Handlungsbedarf ist also vorhanden, allein es fehlen die Schutzschirme.

Was ist zu tun?

Wir hoffen darauf, dass die von der Enquete vorgeschlagene Entwicklung im Förderbereich Soziokultur von der Landesregierung aufgegriffen wird. Der Landesverband, die LAKS Hessen, fordert, seine Arbeit institutionell endlich abzusichern, feiert man doch im Jahr 2009 gerade den 25. Geburtstag des Landesverbandes, der seit über zwei Jahrzehnten vorbildliche Arbeit leistet. Aber natürlich muss auch den Zentren vor Ort von Landesseite stärker geholfen werden. Die Mittel für die Soziokultur in Hessen insgesamt müssen erhöht werden und zwar auf den Ebenen Institutioneller -und Projektförderung wie der Investitionsförderung für bauliche Verbesserungen. Wenn der politische Wille da ist, gibt es Wege!

Gero Braach