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Zweite Halbzeit läuft.
Eine kulturpolitische Debatte am 31. Mai im KFZ

Gibt es eine Landeskulturpolitik für junge Menschen in Hessen?
Die junge Spitzengeigerin und Sibelius Preisträgerin Alin Pogostkina kam mit acht Jahren mit ihren Eltern von Russland nach Deutschland. Beide Eltern sind Berufsmusiker ohne deutsche Sprachkenntnisse gewesen und haben sich anfänglich mit Straßenmusik durchgeschlagen.
Wir wissen spätestens seit Bourdieu, dass ästhetisches Empfinden und die Gabe, Kunst zu verstehen, vorrangig in der Familie gelernt wird. Um so bedeutender ist die Aufgabe der Gesellschaft, das Wissen, das über das in der Familie Gelernte hinaus geht, zu erweitern.
Diese Erkenntnis müsste zur Folge haben, erhebliche gesellschaftliche Anstrengungen zu unternehmen, auch für den Kulturbereich eine Bildungsgrundlage für alle zu schaffen. Nach Pisa ist aber genau das Gegenteil der Fall.
Wenn aber die Schulen das Lernen mit „Kopf, Herz und Hand“ nicht mehr wichtig nehmen – der Pädagoge Pestalozzi wird in dieser Gesellschaft oft als Namenspate für Sonderschulen genutzt – die staatliche Beschulung somit einseitig auf den Kopf setzt, dann muss es wenigstens verstärkt außerschulische Angebote geben, die diese Lücke zumindest ansatzweise ausfüllen können. Dafür müsste dann der Rahmen für diese Angebote stimmen. Für die Institutionen, die diese Arbeit betreiben, wie für die, die diese Angebote nutzen können.
Dazu werden am 31. Mai Vertreter von kulturellen Landesverbänden informieren, welche Bedingungen die Landeskulturpolitik bietet, vor allem auch, welche nicht.
Heute sind 1,5 Millionen Kinder dem ALG II zugeordnet. Für Kinder bis 14 J. wird ein Satz von 60% eines Erwachsenen gewährt. Beim Erwachsenen sind keine Mittel für kulturelle Bildung vorgesehen. Kinder, die die Zukunft dieser Gesellschaft sind, brauchen von dem Nichts für kulturelle Bildung eben nur 60%. Die mit ihren Eltern eingewanderte Geigerin Alin Pogostkina hat den Sprung an die Weltspitze auch so geschafft, weil sie mit ihren Eltern Straßenmusik gemacht hat und und und.
Ein glücklicher Einzelfall?
Wir wissen aus Besucherforschungen, dass diejenigen, die selbst als Kunstamateure tätig sind, das aktivste Kulturpublikum darstellen. Eigene ästhetisch künstlerische Tätigkeiten bilden die Schlüsselkompetenzen der Menschen aus.
Wenn wir wissen, dass ca. 10% der hoch gebildeten Bevölkerung zu den Stammnutzern sogenannter Hochkulturangebote gehören, einer Klientel, bei der sich die Bezuschussung nicht unbedingt aufdrängt, so fragt man sich, warum das so ist und warum das – gleich welche Parteien an der Regierung sitzen – immer so weiter geht. Kultur für alle, eine leere Hülse, die nicht einlösbar scheint?
Also, die Frage an die Politik: Warum gibt es so wenig Gelder für die Förderung junger Menschen? Werden die Probleme nicht gesehen? Ist Politik im Kulturbereich reformunfähig?
Werden von der Politik andere Prioritäten gesetzt? Wie lauten dann diese Prioritäten?

Nicht nur Kulturlobbyisten wie ich, sondern auch Menschen aus der Wirtschaft erkennen den Zusammenhang von Kreativität und Wissen, zu dem es der Pflege von Kunst und Kultur bedarf. Da Deutschland nur mit Wissen auch wirtschaftlich weiter kommt, so ist es für mich auch eine Frage, wieviel dieser Gesellschaft materieller und kultureller Reichtum wert ist.
Vielleicht einmal am konkreten Beispiel argumentiert: Nur die Entwicklung und das Wissen um die Komprimierung digitaler Musik in MP3 oder andere Formate, wie in Darmstadt entwickelt, bringt noch kein Geschäft. Das haben die Amerikaner dann mit dem Ipod gemacht. Die anwendungsbezogene Idee hat gewonnen, nicht die Entwicklung. Für die Bedürfnisse der Menschen Produkte entwickeln die gefallen, das ist kreativ und gleichzeitig lukrativ. Als unternehmerische Wissensgesellschaft brauchen wir Kreativität, Kopf, Herz und Hand jedes Menschen.
Ich sehe bei der Förderung der Kulturangebote für junge Menschen in Hessen vielerlei Ungereimtes. Die Förderung der Kulturangebote für ältere Menschen ist stärker und entspricht nicht dem, was den kommenden Generationen zusteht, was für ein gutes Miteinander erforderlich ist.
Es wird Zeit, dass eine runde Sache aus der Kulturpolitik für alle Menschen in Hessen wird. Dann wäre “Kultur für alle” keine leere Hülse in Sonntagsreden von PolitikerInnen sondern praktisch erfahrbar.

Gero Braach