Rückblicke und Aussichten für das neue
Jahr oder: geht alles seinen gewohnten Gang?
Mit der kommenden Silvesterparty wird das KFZ 27 Jahre und blickt
auf ein weiteres erfolgreiches Jahr zurück. Den MarburgerInnen
wurde ein Programm geboten, das von Georg Schramm, über Lisa
Politt, Willy Astor, Boxhamsters, Deichkind, Flying Pickets, Amon
Düül II, Leo Bassi, Mellow Mark, Maria Solheim, Klezmatics,
Huun-Huur-Tu, Nacht der Stimmen, Marla Glen, Dona Rosa, Urban Priol,
Summer in the City, das Lübecker UnterwasserMarionettentheater
mit dem Regenbogenfisch, Sigi Zimmerschied, Judith Hermann, Lurkers,
Bestsellerfressen, Fehlfarben, Richard Rogler, Letzte Instanz, Mother
Tongue, Colosseum, Benjamin Lebert, Wiglaf Droste, bis zu den Muffin
Men reichte.
Das Programm zeigt dabei eine beachtliche Vielschichtigkeit: Von
z.B. der politischen Veranstaltung zum 70. Jahrestag der Machtergreifung
der Nazis in Deutschland, über Kabarett, Kleinkunst, Musik,
Ausstellungen, Lesungen, Theater, Performance, Kindertheater, über
Veranstaltungsreihen wie Kabuki-Spring zu Japan, in Zusammenarbeit
mit dem Café Trauma; der Reihe Global Players im Weltmusikbereich
in Kooperation mit dem FolkClub, der Jazzinitiative und dem Verein
Kammer-Musik Marburg; oder dem Kabarettherbst in Kooperation mit
dem Verein Kultur und Leben, Konzertbüro Emmert, den Ladies
in Culture gab es große und kleine High-Lights für Groß
und Klein zu bestaunen. Auch die noch kommenden Veranstaltungen
wie z.B. Edgar, ein Schildkrötenmusical zum Mitwandern für
Kids, die unnachahmliche Kohlenfete, die U-Bahn Kontrollöre,
Volkers Kramladen auf Reisen, Pippo Pollina u.a. werden das Jahr
abrunden.
Aber wie geht es nächstes Jahr weiter?
Das Land Hessen hat wie vor zwei Monaten in unserem Programmheft
berichtet den hessenweiten Zuschuss für die Soziokultur
um 18,45 % heruntergefahren. Unter dem denkwürdigen Titel Operation
Zukunft gab sich die hessische CDU zumindest sprachlich militärischen
Anstrich und wollte Handlungsfähigkeit demonstrieren. Dabei
wurden im Kulturbereich die großen Tanker weiter im ruhigen,
man könnte auch sagen stehenden Gewässer belassen. Die
Staatstheater wurden nicht gekürzt, obwohl ein überwiegender
Teil der Haushaltsmittel der hessischen Kulturförderung dort
hinein fließt. Die kleinen Rettungsboote wie die Soziokultur,
die oft viel mehr Personen aufnehmen, als der deutsche TÜV
zulassen würde, werden dafür gekürzt und dürfen
Zukunft sichern. Vergelts Gott.
Auch die Stadt Marburg wird wohl nicht beim Schauspiel kürzen,
sondern im Bereich der freien Kultur und damit auch beim KFZ. Wir
haben es bislang erreicht, mit der öffentlichen Förderung
und mit viel ehrenamtlichem Engagement, unser Programm in der o.g.
Form und Qualität anzubieten. Für das KFZ bedeuten nun
die Kürzungen, die vom Land Hessen wie von der Stadt Marburg
aus geplant sind, Mindereinnahmen im Bereich der öffentlichen
Förderung i.H.v. ca. 20.000 Euro für 2004.
Wir haben es lange Jahre durch Eigenleistung geschafft, zu einer
Mark öffentlicher Förderung, zwei weitere dazu zu verdienen.
Das ist für eine Institution im Kulturbereich ein ganz beachtliches
Ergebnis, welches auch weit über dem Durchschnitt soziokultureller
Zentren in der Bundesrepublik liegt. Aber zu einem Euro, der gar
nicht kommt, lässt sich auch kein weiterer hinzuverdienen,
denn damit fällt die Anschubfinanzierung weg. Dass dann insgesamt
der Pfeil nach unten zeigt ist klar.
Zum Vergleich: Bei den drei großen hessischen Staatstheatern
liegt die Eigenerwirtschaftung oft unter 10%. Die Kürzungen
treffen kulturpolitisch also die, die sowieso schon über effiziente
Organisations- und Verwaltungsstrukturen verfügen und das zeigt
uns, wie stark der politische Wille in Deutschland ist, alles beim
Alten zu belassen, auch wenn von Zukunft die Rede ist. Bei dieser
Operation scheint es sich doch eher um einen Kunstfehler
zu handeln. In wieweit die politisch Verantwortlichen das einsehen,
bleibt abzuwarten.
Was bedeuten die Kürzungen für das KFZ im Jahr 2004?
Wir haben uns im KFZ mit der Förderung ins dritte Jahr gegenüber
dem Arbeitsamt verpflichtet, eine als ABM geführte Stelle,
die von Simone Plefka besetzt wird, fest zu übernehmen. Unsere
erste Lehrstelleninhaberin für den ab 2001 eingeführten
Beruf Veranstaltungskauffrau, Kerstin Plessow, wird
ihre Lehre im Sommer abschließen und wir können sie nicht
übernehmen, obwohl wir das sehr gerne tun würden. Aber
auch die Zukunft der anderen Hauptamtlichen ist durch die o.g. Finanzierungslücke
unsicher geworden. Nachdem wir in 2002 erstmals seit 1992 eine Lohnerhöhung
durchführen konnten, könnten wir also jetzt den doppelten
Rittberger zurück üben, um in stiller Enthaltsamkeit,
immer freundlich lächelnd unser Programm weiter wie bisher
zu fahren.
Unsere eigene Zukunft, wie die der beiden Lehrlinge sind uns natürlich
wichtig, und wir werden alles daran setzen, dass es mit dem KFZ
weiter bergauf geht. Das bedeutet für uns vor Ort noch besser
zu arbeiten und heißt weiterhin, sich auf politischer Ebene
gemeinsam mit anderen, auf städtischer- wie auf Landesebene
einzumischen. Wir wollen auf der anderen Seite auch nicht die Eintrittspreise
erhöhen, denn damit würden wir nur mehr Menschen von Kulturleistungen
ausschließen, weshalb uns dieser Weg nur in Einzelfällen
gangbar erscheint.
Wir werden zusehen müssen, inwieweit es uns möglich ist,
private Förderer zu gewinnen, die das kulturelle Angebot des
KFZ in Marburg wichtig finden und uns einen kleinen, aber nichtsdestotrotz
wichtigen Beitrag zu unserer Arbeit als steuerlich abzugsfähige
Spenden zukommen lassen. Wenn schon die Völker die Signale
nicht mehr hören, so hoffe ich/wir doch auf einige Menschen,
die mit dem Motto Förderer aller Länder, vereinigt
euch etwas anfangen und dem KFZ unter den Weihnachtsbaum das
ein oder andere Geschenk platzieren. Wir würden uns sehr freuen.
Gero Braach
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